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Copyright: Sugar LaVerne

Ich bin in Schwabing geboren und im Münchner Osten aufgewachsen. Ich habe meine Mutter ein Leben lang begleitet.

Ich weiss, was es heisst in der Schule nicht immer aufpassen zu können und nicht den Beruf ergreifen zu können, den ich gerne ergriffen hätte, weil ich mich um einen lieben Menschen kümmern wollte.

Später habe ich meine Mutter noch 20 Jahre durch eine Demenzerkrankung zu Hause (7Jahre) und in Heimen (13 Jahre) begleitet.

Was ich in den vielen Jahren erlebt habe, hat mich zur Angehörigenaktivistin gemacht.

Nach dem Tod meiner Mutter habe ich mein Erbe genommen und die „WIR! Stiftung pflegender Angehöriger“ gegründet um uns Angehörige zu ermutigen und zu ermuntern SELBST zu sagen was WIR brauchen, eine Lobby für uns selbst zu bilden überall da wo wir wohnen.

Es ist eigentlich schon lange mein Traum einmal auf dem Marienplatz zu stehen und viele

Menschen fragen zu können:

  • Warum schweigen WIR Angehörigen angesichts der Situation ihn unseren Heimen?
  • Warum schweigen WIR Angehörigen angesichts der Situation in der häuslichenPflege?
  • Warum schweigen WIR Bürger angesichts der für uns intransparenten Verwendung unserer Gelder in der Pflege?
  • Warum fragen WIR nicht, wie unsere Gelder verwendet werden?
  • Warum haben WIR keine Mitbestimmungs-, keine Mitsprache- , keine Kontrollrechte über die Verwendung UNSERER Gelder und die Rahmenbedingungen in derPflege?
  • Warum bilden WIR nicht gemeinsam mit professionell Pflegenden eine Bürgerlobby für UNSERE gemeinsamen Interessen und die Interessen unserer Angehörigen jeden Alters mit Unterstützungsbedarf?

Professionell Pflegende sind oft privat noch zusätzlich Pflegende Angehörige.

Wir alle können vom ersten bis zum letzten Atemzug hilfsbedürftig sein oder werden. Wir alle können in nahezu jedem Lebensalter vor der Frage stehen ob wir die Pflege und Begleitung eine Angehörigen übernehmen können und wollen.

Wenn wir das tun, dann sind wir „Stille Helden“ wie unsere Kanzlerin und viele andere Politiker*nnen uns gerne bezeichnen.

  • Wir bekommen Ehrenamtspreise undAuszeichnungen.
  • Wir wandern nicht selten psychisch und physisch angeschlagen in die Altersarmut.
  • Es werden teure Studien ÜBER uns erstellt, es mangelt nicht an Erkenntnis.
  • Es werden teure Projekte auf den Weg gebracht, sie helfen und unterstützen, nur leider sind sie ohne jede Verpflichtung zur Nachhaltigkeit nach 2-3 Jahren ausgelaufen, evaluiert, abgeheftet: Das war’s.
  • Wir werden in journalistischen Randnotizen erwähnt und dürfen in Talkshows unsere Geschichten erzählen.

Expert*nnen unterhalten sich dann fachkompetent über unsere Köpfe hinweg.

Ich bin schon verschiedene Male von Redakteuren in Talkshows eingeladen und von Redaktionen wieder ausgeladen worden.

Begründung unter anderem: „Es sollte nicht politisch sein“ und „das Thema ist doch sehr komplex“

Solche Bemerkungen ermutigen und motivieren mich, einfach immer weiter zu machen und

geduldig darauf zu warten, bis unsere Presse sich trauen kann das Thema „Pflege“ so zu behandeln, wie es den Gegebenheiten des 21. Jahrhundert angepasst wäre bzw. ist.

Im BGB sind WIR durch 2 Paragrafen – § 1618a und §1353 – moralisch (nicht rechtlich) von staatswegen verpflichtet, uns familien- und generationensolidarisch umeinander zu kümmern. Wir kümmern uns in aller Regel gerne umeinander.

Aber:

Wir leben nicht mehr in Vater-Mutter-Kind-Ehen mit Trauschein, wo der Vater arbeitet und den Lebensunterhalt verdient und die Mutter Kinder erzieht und pflegt: Natürlich ehrenamtlich und unentgeltlich. Das war Ende des 19. Jahrhunderts ja völlig in Ordnung.

Aber im 21. Jahrhundert

  • sind Frauen gut ausgebildet und berufstätig
  • leben wir in Zeiten von Gleichberechtigung -zumindest auf dem Papier-
  • leben wir in ganz unterschiedlichen Lebensgemeinschaften, die sind sind bunt und vielfältig
  • haben viele Menschen keine Kinder
  • leben wir nicht mehr alle im selben Haus und in der selben Stadt
  • sind wir über die ganze Weltverstreut

Was brauchen und was fordern WIR, die Pflegenden Angehörigen, die wir zu weit über 75 % die Pflege und Betreuung in Deutschland sicherstellen?

Angesichts der Tatsache, dass wir laut einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung*

  • 4,9 Milliarden Stunden pro Jahr pflegen und begleiten,
  • G.M. Backes et al., Gender in der Pflege, Herausforderung für die Politik. Friedrich-Ebert-Stiftung 2008
  • 3,2 Millionen Vollzeitarbeitsplätze damit ersetzen und der
  • Wert unserer Sorgearbeit ca. 44 Milliarden € pro Jahrbeträgt,

fordern WIR:

  1. Eine rechtssichere Definition des Begriffs „Pflegende Angehörige“ mit einer Tätigkeitsbeschreibung
  2. Gleichberechtigte Partnerschaft für Pflegende Angehörige jeden Alters in derPflege
    • Platz und Stimme an allen relevanten Runden Tischen zum Thema „Pflege“
    • Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte bei allen die Pflege betreffendenThemen
    • Angehörigenkompetenz muss mit in Beratungsangebote einfließen
  3. Keine Benachteiligung mehr von Pflegenden Angehörigen in ihrem Lebensalltag zwischen Existenzsicherung, Beruf und Familie
    • Finanzieller Leistungsausgleich für ein ganzheitliches 24/7 Casemanagement
    • Beratung muss wohnortnah, individuell, passgenau, rasch verfügbar und bei Bedarf zugehend sein

Zukunft

  • Der Mensch muss wieder in den Mittelpunkt, nicht das Geschäft!
  • WIR müssen Netzwerke und Allianzen bilden,
  • WIR müssen unsere gemeinsamen Anliegen gemeinsamvertreten!
  • Auch für Pflegende Angehörige JEDEN Alters muss gelten:

NICHTS FÜR UNS OHNE UNS!

Brigitte Bührlen – Stiftung Wir! Pflegende Angehörige

Copyright: Claudia Westermann
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