Patricia Koller/ Beiträge, Texte

Mit der Corona-Pandemie kündigt sich eine riesige Wirtschaftskrise an. Zuerst spart man selbstverständlich wieder bei den Ärmsten der Armen, den Wehrlosen und Unterdrückten. Schon seit einer ganzen Weile hört man die Wirtschaftsmarionetten gegen das Sozialsystem hetzen. Sätze, wie „Wir leisten uns zuviel Sozialklimbim“ verletzen diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind, zutiefst. Sie haben sich ihre Situation nicht ausgesucht und tragen keine Schuld. Diese kaltschnäuzige Herzlosigkeit der Übersättigten schnürt einem den Atem zu.

Unsere ReGIERung greift nicht nach den Superreichen, Bankstern, CumEx-Milliardenbetrügern. Die werden ganz selbstverständlich nicht zur Kasse gebeten. Nein, wir sollen es wieder ausbaden, wenn die Wirtschaft zusammenkracht. Diesmal müssen wir nicht mal zockende Banken retten, diesmal geht es um das Loch, das ein Virus in die Kassen reißt.
Soziale Distanz wird gepredigt, anstatt Zusammenhalt.

In den Villen mit einem Pool in den schönen gepflegten Gärten läßt sich im Kreise der Familie eine Ausgangsbeschränkung gut aushalten. Aber tauscht doch mal mit der Einsamkeit in einer engen, finsteren Bude, bei der Ihr den ganzen langen Tag lärmende Großbaustellen ertragen müßt und selbst bei strahlendem Sonnenschein kein Fenster aufmachen könnt. Das fühlt sich gleich ganz anders an. Da fühlt Ihr Euch wie ein bewegungsunfähiges Mastschwein im metallenen Kastenstand und jeder weitere Tag fühlt sich trostloser an.

In einer Zeit, in der die Armut wächst, Mieten unbezahlbar sind, die Schlangen an den Tafeln länger werden und die Zahl der Obdachlosen ständig steigt, trifft uns der unsichtbare Feind. Im Katastrophenalarm werden uns Grundrechte entzogen. Wir nehmen es murrend hin und fügen uns, denn schließlich dient es ja unser aller Schutz.

Aber Deutschland war und ist behindertenfeindlich.

Die Nazis haben neben den Juden auch Randgruppen verfolgt und nach den Zwangssterilisationen massenhaft Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen ermordet. Auch Kinder.

Die soziale Spaltung begann mit Hassreden und Ausgrenzung. Es folgten Entrechtung, Zwangsarbeit und die Gaskammern…

Weitgehend unbemerkt von der Bevölkerung sammelte man die Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ein und ermordete sie massenweise in sogenannten „Heilanstalten“, während man nach außen hin den schönen Schein wahrte und sogar eine extra Verwaltung damit beschäftigte, heuchlerische Beileidsschreiben an die Verbliebenen zu verfassen, die gefälschte Todesursachen enthielten. Selbst die eigenen Soldaten wurden aussortiert und umgebracht, wenn sie traumatisiert aus dem Krieg zurückkehrten und zitterten. Wer nicht mehr als Arbeitskraft einsetzbar war, durfte auch nicht leben. Selbst von den Kirchen gab es kaum Widerspruch.

Ärzte nutzten die Wehrlosen skrupellos für Experimente und erforschten dabei auch, wie man sie möglichst schnell und kostengünstig tötet!

Nach Kriegsende blieben die meisten Täter straffrei und arbeiteten weiter in ihren Berufen…

Die bis heute vielfach spürbare Diskriminierung und Geringschätzung Schwerbehinderter und psychisch Kranker basiert auf der Zeit der NS-Diktatur. Man schiebt sie auch heute noch gerne in Parallelwelten – in Heime, Psychiatrien oder in die Obdachlosigkeit – ab.

Noch heute erinnern sich viele Bürger an liebe Familienangehörige, die mit den grauen Bussen abgeholt und Opfer dieser Menschenverachtung wurden. Gemordet wurde mit deutscher Gründlichkeit.
Kein Wunder also, daß man uns in Angst versetzt, wenn nun wieder vom Sortieren nach wertem und unwertem Leben die Rede ist, wenn in Folge von Corona über die Triage diskutiert wird. Wieder sollen wir als erste sterben, weil andere über uns hinweg entscheiden, ob unsere Leben lebenswert sind.

Das Unrecht stinkt zum Himmel. Dabei kann es JEDEN jederzeit selbst treffen, aber das verdrängt man so lange bis es so weit ist.

Patricia Koller

patricia-koller.de

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