(Grußwort vorgetragen durch Hannah Aram, da Konstantin Wecker uns zwar seine Unterstützung zugesagt hatte, aber dann leider zeitgleich ein Konzert hatte.)
Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Randgruppenkrawall-Behindertenprotest-Demo!
Manche von Euch waren vielleicht bei unserer Break isolationKundgebung am Montag dem 11. Mai dabei, da haben wir uns auch durch einen Gewittersturm nicht beirren zu lassen, uns für Alte und Kranke und Demente einzusetzen. Gerade sie bedürfen einer besonderen Rücksichtnahme und vor allem: sozialer Kontakte.
Ich durfte selbst erleben bei meinen beiden Eltern, wie wichtig es für die Sterbenden und die Überlebenden ist, sich in den Tagen und Wochen des Abschiednehmens nahe zu sein! Es ist ein Skandal, dass die deutsche Politik Milliardengeschenke für Aktienkonzerne, Rüstungskonzerne und Steuerflüchtige beschlossen hat, aber nicht für die Möglichkeit eines würdevollen Sterbens auch in Zeiten von Covid-19 sorgt. Ich füge hinzu: Entschieden wehren wir uns gegen die Vereinnahmung durch rechte Bewegungen, Organisationen und Parteien. Ich möchte Euch gerne einige Zeilen aus meinem Willy 2020 vorlesen, den ich auf unserem Antikriegs-Konzert „Poesie & Politik in stürmischen Zeiten“ am 11. April zum ersten Mal gespielt habe: Wir haben unsere Erde aus reiner Profitgier kaputt gewirtschaftet (…) vielleicht spüren jetzt viele von denen, die sich noch vor nicht allzu langer Zeit über Greta lustig gemacht haben, wie recht diese großartige junge Frau hat? Vielleicht lernen wir jetzt mal diese so überlebenswichtige Solidarität von unten? (…) Ich will in keiner Gesellschaft leben, in der all jene am miesesten entlohnt werden, die die wirklich wichtige Arbeit verrichten: KrankenpflegerInnen, HospizarbeiterInnen und ach so viele mehr. Und wo die unwichtigsten Berufe am besten bezahlt werden. Ich denke ihr wisst, welche ich meine. Und vielleicht verstehen jetzt viele Menschen in dieser Krise, dass die Güter und Ressourcen dieser Welt allen gehören sollen: Bildung, Gesundheit, Wohnung, sauberes Wasser, Essen. Wie konnten wir jemals zulassen, dass Luft, Erde, Wasser, oder der genetische Code von Pflanzen und Tieren zu Privateigentum gemacht wurden und werden? Jetzt ist die beste Gelegenheit, über Enteignung zu sprechen. Mal ganz konkret Willy: Wir sollten endlich die Türen der jetzt ohnehin nutzlos leerstehenden Luxushotels in München und Berlin und überall öffnen für die schutzsuchenden Menschen aus den Kriegsgebieten dieser Welt! Für die Schutzsuchenden aus Syrien, aus Kurdistan, aus Afghanistan, Somalia und Irak, für die Geflüchteten aus den menschenunwürdigen Lagern an den EU-Außengrenzen wie in Moria auf Lesbos oder den Folterlagern in Libyen, die jetzt besonders schutzlos diesem Virus ausgeliefert sind. (…) Jetzt ist es an der Zeit, den Stopp aller Rüstungsproduktionen und Rüstungsexporte zu fordern und es ist Zeit für einen Waffenstillstand weltweit, ein Waffenstillstand, der vielleicht den Menschen zeigen würde, dass Frieden sehr viel erstrebenswerter ist. Willy, jetzt ist es an der Zeit über die Utopie zu sprechen einer herrschaftsfreien Welt, wo der Menschen Miteinander unser Sein zusammenhält. Jetzt könnten wir erkennen, dass wir alle Wesen einer Gemeinschaft sind und nicht gemeine Wesen, zu denen uns der Neoliberalismus immer erziehen wollte. Und wir müssen jetzt und sofort unsere Stimme erheben für die Schutzsuchenden, für die Geflüchteten, Gefangenen, Obdachlosen. (…) Freiheit, des hoasst koa Angst habn vor nix und neamands!“ Deshalb halten wir ab jetzt zusammen! Und lasst mich noch als Musiker und Künstler eine Herzensangelegenheit ansprechen: Denn Kunst, Musik und Kultur ist ein Grundbedürfnis von Menschen: Wenn es also derzeit wieder erlaubt ist, dass sich hunderte in Baumärkten versammeln, wenn Gläubige wieder in die Kirchen gehen dürfen, dann ist es nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet Kunst & Konzerte weiter verboten bleiben anstatt sich vernünftige Hygienekonzepte zu überlegen. In diesem Sinne: Halt ma zamm!
Konstantin Wecker – Liedermacher
Aktivistin, Künstlerin und Musikerin Hannah Aram hat das Grußwort grandios vorgetragen.