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Der Behindertenverband Bayern e.V. unterstützte am 21.3.2021 die Familie Lill aus Gröbenzell mit einer Demo zum Thema Inklusion an Schulen.

Die heutigen Redner*innen waren Elke und Tobias Lill, Patricia Koller, Kornelia Wagner, Beate Jenkner, Frau Dr. Gabriela Berg, RA Hans Böhmer und Martina Brand.

Begleitet wurde unsere Demo wieder von den Trommlerinnen von Drumadama und der Motorradclub Kuhle Wampe unterstützte uns tatkräftig u.a. mit der Tontechnik.

Unsere Aktionen sind grundsätzlich immer überparteilich.

Die Rede von Patricia Koller (Vorstand vom Behindertenverband Bayern e.V.) zum Nachlesen:

Mein Name ist Patricia Koller. Ich bin Aktivistin für Behindertenrechte und Inklusion, Leiterin eines bundesweit vernetzten Selbsthilfenetzwerks, Veranstalterin der Randgruppenkrawall-Behindertenproteste und Vorstand vom Behindertenverband Bayern.

Wahrscheinlich kennt jeder jemanden, der eine Schwerbehinderung oder ein seelisches Leiden hat, doch kaum jemand ahnt, wie vielen Existenzkämpfen, Respektlosigkeiten, Demütigungen und Angriffen Betroffene ausgesetzt sind.
Ist man plötzlich selbst betroffen, schaut man in stinkende Abgründe, die man nie für möglich gehalten hätte.

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen geschieht jeden Tag.

Ein Leben mit Behinderung heißt, daß andere sich das Recht herausnehmen, über Dein Leben und dessen Wert zu urteilen und zu bestimmen.
Natürlich gibt es auch die liebenswerten Mitmenschen, die spontan ihre Hilfe anbieten, wenn sie mitbekommen, daß man sie vielleicht brauchen könnte. Denen möchte ich ausdrücklich danken. Die Welt braucht Euch.

Sobald es aber um Kostenfragen geht, weht in Deutschland ein eiskalter Wind, der durchaus an die organisierte Behindertenfeindlichkeit der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte erinnert. Wir erleben erheblich manipulierte Akten, gezielte Falschaussagen und Verleumdungen gegenüber Menschen mit Behinderungen, verletzende „Gutachten“, die weder etwas mit gut noch mit Achtung zu tun haben, sondern nur das Ziel der Kosteneinsparung verfolgen.

Diese Abwertung erleben bereits Kinder.

Inklusion fängt schon in der Kindheit an, denn wenn wir Menschen mit Behinderungen nicht schon von klein auf an der Gesellschaft teilhaben lassen, wird es für beide Seiten im Laufe der Zeit immer schwieriger, zueinander zu finden und aufeinander zuzugehen. Parallelwelten verfestigen sich und man weiß kaum etwas voneinander. Dann reden die einen über die anderen, ohne deren Lebensumstände zu kennen und so wird es bleiben.

Schon bauliche Barrieren verhindern oft den Kontakt zu den selbsternannten „Normalen“. Doch auch Behinderung ist normal. Chronisch krank oder behindert sein bedeutet, mit einer Beeinträchtigung leben zu müssen, in einer Welt, die darauf kaum Rücksicht nimmt. Das ist nicht fair. Will eine Gesellschaft wirklich so sein? JEDER, wirklich JEDER, kann von jetzt auf gleich eine Behinderung bekommen. Dazu reicht ein einziger unaufmerksamer Moment, ein Unfall, der Dein Leben für immer verändert. Oder Du wirst plötzlich Opfer eines Gewaltverbrechens. Niemand ist vor so einem Schicksal sicher. Natürlich tut sich eine reiche Person dann leichter als eine arme, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein wird.

Alle Kinder haben ein Recht auf Liebe, auf Bildung und darauf, Teil des öffentlichen Lebens zu sein. Niemand hat ein Recht darauf, sie auszugrenzen.
Wir erleben jedoch Ausgrenzung schon ab der Kindheit. Kinder mit Behinderungen werden häufig aussortiert und in Sonder- bzw. Förderschulen abgeschoben.

Es ist schwierig, sich zu positionieren, denn es gibt sowohl diejenigen, die diese Beschulung komplett ablehnen, weil sie zumeist zwangsläufig zu einem Leben in bitterster Armut in den Behindertenwerkstätten führt. Sie fordern, dem italienischen Modell zu folgen, das alle Sonderschulen abgeschafft hat, es gibt aber eben auch jene, die sagen, daß für sie der besondere Schutz in den Einrichtungen wichtig war. Beides ist richtig. Wir müssen uns also fragen, warum in Deutschland Kinder mit Behinderungen in Regelschulen nicht ausreichend Schutz erhalten und Wege finden, wie er verlässlich umgesetzt werden kann und wie schon früh gegenseitiges Verständnis wächst. Eine anständige Gesellschaft kümmert sich auch um Schwache und Wehrlose. Wir müssen mehr Miteinander wagen und weniger Ausgrenzung leben, denn wir wollen, daß diese Gesellschaft wirklich alle Menschen gleichberechtigt.

Seelenlose Gier sortiert die Bevölkerung nach Kosten- und Nutzenfaktor und bewertet Menschen nach ihrer Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit. Das hatten wir schon einmal in diesem Land und da wollen wir nicht mehr hin. Ganz sicher nicht.

Sobald eine inklusive Lösung Geld kostet, weht in unserem Land wieder ein eisiger Wind, der einen schaudern lässt, weil man die Gefühlskälte der Wirtschaftsmarionetten bis in die Knochen spürt.

Wir haben die UN-Behindertenrechtskonvention, das Grundgesetz, Menschenrechte! Aber was nutzen uns die schönsten Gesetze, wenn sich Schulen und Behörden einfach nicht daran halten und dies auch keinerlei Folgen für sie hat?

Wer Kinder von Anfang an ausgrenzt, kann nicht erwarten, daß es später mit dem Miteinander schon irgendwie klappen wird. So läuft das ja nun eben nicht. Wie sollen sie einen Zugang bekommen und wie soll umgekehrt die Gesellschaft der Nichtbehinderten auf sie zugehen können, wenn sie den Umgang nicht gewöhnt sind und oft schon – aus Gründen der Unsicherheit – lieber wegsehen und den Kontakt meiden? Will man im Ernst von den Ausgegrenzten und Benachteiligten erwarten, daß sie sich auch weiterhin die Aufmerksamkeit, die ihnen zusteht, erkämpfen müssen?

Was macht es mit kleinen, zarten Kinderseelen, wenn man ihnen immer wieder deutlich macht, daß sie ein Problem darstellen und hier nicht erwünscht sind? Das ist zutiefst verletzend. Es würde jeden Erwachsenen treffen, wie schlimm also trifft es ein Kind, das Liebe, Schutz und Anerkennung sucht und braucht?

Wir erleben derzeit eine soziale Spaltung, der wir entgegenwirken müssen, denn wir brauchen einander. Wir sollten solidarisch handeln, um die notwendigen Änderungen herbeizuführen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Viel zuviele lassen sich aus Angst vor noch mehr Repressalien durch die Behörden immer kleiner machen, – so lange bis sie unsichtbar geworden sind. Angst ist ein schlechter Ratgeber.
Leider haben das manche noch immer nicht begriffen und fallen denjenigen, die verzweifelt um ihr nacktes Überleben kämpfen, auch noch in den Rücken und machen sich somit selbst zum Zäpfchen im Arsch des Systems, das sie verachtet.

Wir müssen selbst aktiv werden, denn von den ReGIERenden erhalten wir keine Unterstützung. Dort diskutieren die ewig Gestrigen und wohlhabenden Selbstgerechten untereinander, aber nicht mit uns. Nichts fürchtet man auch im Staatsministerium oder im Bezirkstag so sehr, wie einen Runden Tisch, an dem die Opfer der Sozialbehörden mal Gehör bekommen würden.
Ihre Hilferufe bleiben unerhört. Sie prallen über Jahre hinweg ab an der Ignoranz und Arroganz der Macht.

Es ist politisch ja auch gar nicht gewollt, daß die Schicksale der Unterdrückten und Bevormundeten öffentlich wahrgenommen werden. Menschen mit Behinderungen schaffen es auch nur selten in die Medien.

Diskriminerung und Abschiebung in die Isolation ist gelebte Menschenverachtung.

Derzeit werden auch zunehmend arme Bürger und Bürgerinnen spöttelnd mit abwertenden Begriffen wie „sozial schwach“ überzogen.
„Sozial schwach“?? Das sind die, die uns regieren und sich selbst als „christlich und sozial“ bezeichnen, während sie Steuerschlupflöcher für die Milliarden der Superreichen schaffen und gleichzeitig überlegen, wie man den Ärmsten noch etwas kürzen kann, wie man Obdachlose aus der öffentlichen Wahrnehmung verscheucht und Flüchtlinge hilflos ertrinken und in Zeltlagern erfrieren lässt.

Öffentlich stellt sich die Politik gerne als behindertenlieb dar. Das ist gut fürs Image, weil man damit sozial erscheint und eine Wiederwahl erhofft. Man lässt sich gerne mit Rollstuhlfahrern oder Blinden ablichten und vergisst sie direkt danach wieder, weil man ihnen sowieso nicht wieder begegnen wird.
Kaum jemand blickt hinter die Fassaden, wie es z.B. beim Bezirk Oberbayern zugeht. Wie scheinheilig dort reihenweise Menschen mit Behinderungen entmündigt werden, bzw. eine gesetzliche Betreuung verpasst bekommen, damit man einfach über ihre Köpfe hinweg entscheiden kann. Mit welch einer aberwitzigen Bosheit von der sogenannten „Eingliederungshilfe“-Abteilung die respektlosen Bedarfsermittlungsverfahren geführt und die bevormundenden „Zielvereinbarungen“ verfasst werden, damit die Behördenopfer die extremen Auflagen garantiert nicht erfüllen können und auf ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verzichten müssen. Es geht dabei um glasklare Rechtsansprüche, die behördenseitig vorsätzlich boykottiert werden!

Es ist kalt in Deutschland. Eiskalt.

Wehren wir uns gemeinsam! Für eine bessere Gesellschaft, die Inklusion und Vielfalt lebt.

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